Archiv der Kategorie: Alben

Bastian Vivès: „Polina“, Reprodukt, 208 Seiten, 24 Euro

Zugegeben: Nach „In meinen Augen“ sind Fans von herausragenden Comics und Graphic Novels im Allgemeinen und von Bastian Vivès im Besonderen – was allein schon den Zeichenstil betrifft – mehr als verwöhnt worden. Anmutig ist wohl das Wort, das den Duktus des Künstlers im besagten Comic um die rothaarige, charmante, junge Frau trifft. Mit „Polina“ hingegen begibt sich Vivès auf neues Terrain. Doch auch für sein breites Oeuvre ist der Franzose längst bekannt. Und so überrascht er in seinem jüngsten Geniestreich mit einer klassischen Ballettstory:

Das Talent der erst sechsjährigen Ballerina Polina Ulinow strahlt bis hin zu Nikita Bojinski, einem der so bewunderten wie gefürchteten Meister des zeitgenössischen Tanzes. Nach bestandener Aufnahmeprüfung entwickelt sich Polina unter seiner Anleitung zur erfolgreichen Künstlerin – trotz aller Zwänge festen Willens, ihre Unabhängigkeit zu bewahren …

In dunklen Braun- und Grautönen gehalten, zeichnet Vivès ein zärtliches und zugleich schonungsloses Bild des klassischen Balletts, in dessen Fokus das komplizierte Verhältnis zwischen Meister und Schülerin steht. Auch wenn Vivès Zeichenstil auf den ersten Blick minimalistischer wirkt als in „In meinen Augen“, so gelingt es ihm erneut alle Emotionen der beteiligten Figuren allein durch zarte Andeutungen mimischen Ausdruck zu verleihen – wofür Vivès zurecht der „Grand Prix de la Critique“ Ende Januar auf dem Comic-Festival in Angoulême verliehen wird. Übrigens: Es war Herbert Grönemeyers „Demo“-Video, das Bastian Vivès dazu inspirierte sich mit dem Thema Balett zu beschäftigen.

Anna

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Bernd Natke: „Die Mooneys – 1969“, Unser Verlag, 48 Seiten, 11,80 Euro

Wer glaubt, die Mondlandungen waren nur vorgetäuscht oder aber, dass wir allein im Universum sind, wird jetzt eines besseren belehrt. Mit seinem neuen Album „Die Mooneys – 1969“ zeigt uns Bernd Natke eine ganz andere Sicht der damaligen Ereignisse und stellt uns im Rahmen der Story rund um die Mondlandung 1969 ein witziges grünes Völkchen vor, die Mooneys. Auf den ersten Blick alle gleich, unterscheiden sich die Mondbewohner charakterlich enorm. Neben dem Hippie-Mooney gibt es da zum Beispiel den dummen Mooney, der letztlich unbeabsichtigt zum Retter des Mondes wird…

Zu Recht fühlt mancher sich an die Schlümpfe vom belgischen Zeichner Peyo erinnert, war doch das Szenario für den 2. Teil (der nächstes Jahr erscheint) als Geschichte für die blauen Figuren konzipiert. Eine Zusammenarbeit mit dem Verlag Le Lombard kam dann aber doch nicht zu Stande. Zum Glück – sonst hätten wir die Wahrheit über die Mondlandung nie erfahren und die niedlichen Mooneys nicht kennengelernt –  ein Wiedersehen mit dem miesgelaunten Fischbrötchen, bekannt aus „Der kleine Tod“, inklusive.

ACHTUNG: Den aktuellen Clip zum Comic gibt’s unter:

http://www.youtube.com/watch?v=gvrhKOsvYSw

Anke Wittkopp

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Craig Thompson: HABIBI (Reprodukt, 672 Seiten, 39 Euro)

Sechs Jahre nach dem international erfolgreichen und vielfach preisgekrönten „Blankets“ legt Craig Thompson endlich seine mit Spannung erwartete Graphic Novel „Habibi“ vor – ein modernes Märchen aus 1001 Nacht: Vor einer fantastischen Kulisse aus orientalischen Wüstenlandschaften, märchenhaften Harems und der allgegenwärtigen Kluft zwischen „Erster“ und „Dritter Welt“ erzählt „Habibi“ die bewegende Geschichte von Dodola und Zam – zwei Sklavenkindern, die der Zufall eint, das Schicksal auseinander reißt, und deren tiefe Liebe zueinander allen Widrigkeiten zum Trotz überdauert.

Craig Thompson ist bisher der einzige Zeichner und Autor, der in einem Jahr bei allen drei der größten und wichtigsten Comicauszeichnungen der USA (Harvey-, Eisner- und Ignatz-Awards) jeweils in zwei unterschiedlichen Kategorien ausgezeichnet wurde. Vielschichtig, mitreißend und in Bildern von opulenter Pracht ist nun auch sein jüngster Geniestreich „Habibi“ eine außergewöhnliche, epische Liebesgeschichte, eine eindringliche Parabel über das gemeinsame Erbe von Islam und Christentum und allem voran eine Ode an die Magie des Geschichtenerzählens, die zurecht in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Absolut lesenswert!

Anna

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Joann Sfar & Emmanuel Guibert: „Die Tochter des Professors“, Bocola, 64 Seiten, 14,90 Euro

Schon etwas länger erschienen, aber leider noch nicht viel beachtet ist dieser kleine, aber feine Gruß aus franko-belgischer Feder. Denn diese romantische und amüsante von Joann Sfar getextete und von Emmanuel Guibert gezeichnete Graphic Novel ist ein kleines Meisterwerk! Einziger Kritikpunkt ist lediglich die geringe Seitenzahl im großformatigen Hardcover-Band. Dieses Werk steht eben unter dem Motto: Klasse statt Masse, denn Qualität setzt sich durch.

Zum Inhalt: Imhoteps Leben erscheint zunächst wie eine Sackgasse: Wie soll man – verloren im nebligen London des 19. Jahrhunderts und seit drei Tausend Jahren mumifiziert – um die Hand von Miss Liliane, der Tochter des Professors, anhalten? Und doch ist Imhotep, seines Zeichens ägyptischer Fürst, zuversichtlich, denn auch Liliane hegt tiefere Gefühle für ihn. Wahnsinnig verliebt und zu allem entschlossen beschließt das ungleiche Paar das verrufene Ufer der Themse zu verlassen, um an die sonnigen Gestade des heimatlichen Nils zurückzukehren. Doch als das Schicksal und Ihre gnädige Majestät, die Königin Victoria, dazwischenkommen, wird alles so verzwickt, dass sich Imhotep plötzlich nur noch nach der Ruhe seines Sarkophags zurücksehnt. Letztlich kommt ohnehin alles anders, als erwartet…

Von Anna

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Enki Bilal: „Julia & Roem“, Ehapa, 96 Seiten, 24,99 Euro

„Es gibt nun einmal Orte, wo Himmel und Erde miteinander sprechen, ich weiß sogar, das wage ich zu behaupten, in welcher Sprache sie sich unterhalten. Wolken und Land tauschen ihre Materie aus, vermischen ihr Partikel, öffnen und recyceln ihre Speicherfragmente. Worte regnen unsichtbar herab, bilden Sätze, spielen mit den Schicksalen… Dieser Ort ist eine Mikrosphäre, die sich in Shakespeare artikuliert… Hier sprechen Himmel und Erde Shakespeare, das weiß ich, weil ich verrückt bin.“

Mit seinem neuen Album „Julia & Roem“ kehrt Enki Bilal in das Universum von „Animal’z“, der düsteren Meeres-Welt der Menschendelphine und animalischer Androiden, zurück. Auch der zweite Teil der aktuellen Bilal-Trilogie setzt sich mit dem Thema Naturelement auseinander. Während „Animal’z“ in einer eigenwilligen, blau-grauen Farbskala gehalten wurde, bedient sich „Julia & Roem“ beige-brauner Töne und fokussiert das Naturelement Erde. Im Zentrum der Geschichte steht ein geheimnisvoller Ex-Militärpfarrer, der auf seinem Roadtrip durch die Wüste die Wege dreier Lebewesen kreuzt und deren Schicksal sich nur durch ihn ändern kann…

Kultzeichner Bilal fasziniert dabei mit einem farblich reduzierten Stil, der der atmosphärischen Dichte seiner Geschichte zusätzlichen Ausdruck verleiht. Ab 16 Jahren empfohlen.

Anna

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